Skip to content

Salve

Tatsächlich haben wir es geschafft, Serenity in knapp einem Monat von Heidelberg am Neckar ans Ziel nach Italien zu bringen. Auch wenn wir dem Flussfahren mit einem Segelboot für immer abgesagt haben, liegt das Ziel doch wieder ein paar hundert Meter einen Fluss bergauf. Eine Werft in der Magramündung wird nun eine Zeit lang der Liegeplatz unserer Serenity sein. Die Überstellungsfahrt ist damit abgeschlossen und wir können uns der inzwischen doch schon ordentlich langen ToDo-Liste widmen und Serenity wieder auf Vordermann bringen. Das Provisorium hält übrigens immer noch.

Die zweiten 24 Stunden waren doch etwas ungemütlicher als die ersten. Der Wind drehte um 45 Grad und viel Wind um Korsika brachten uns ein zweites Wellensystem, welches das Boot auf Vor- und Raumwindkurs ordentlich schaukeln ließen. Etliche nächtliche Begegnungen mit Fähren, Frachtern und Kreuzfahrtschiffen ließen kaum Langeweile aufkommen. Durch den Ausfall des Funks (mittlerweile wieder in Betrieb), und damit auch der angenehmen AIS-Anzeige, mussten wir die Lichterführung der anderen Schiffe noch genauer begutachten als vorher. Die Positionslaternen an Kreuzfahrtschiffen - in der Nacht aus der Ferne einfach gewaltige schwimmende Luster - sind tatsächlich nicht einfach auszumachen. Durchaus imposant auch die lange Zeit parallel zu uns ziehende Gewitterfront.

Jetzt freuen wir uns darauf, bald unser neues Heimatrevier erkunden zu können und auf die kommenden Törns ohne Zeitdruck (und ohne Schleusen).

Diretissima

Wir haben sie nun tatsächlich in Angriff genommen, die direkte Überquerung der ligurischen See in Richtung la Spezia mit Start in den

Rote Felsen bei Cassis

Calanquen. Circa 190 Seemeilen, das heisst mindestens 2 Nächte nonstop. Ich war einigermaßen aufgeregt, weil das doch die erste Nachtfahrt war, die wir alleine bestritten. Aber die Bedingungen waren immerhin schon mal hervorragend: leichter Wind aus Südwest war angesagt. Die erste Nacht ist super gelaufen, wir hatten sogar bis in die früh die Segel oben. Seither gehts wieder unter Motor weiter. Im Moment sind es noch 140 Meilen bis zum Ziel.

Fünf vor Meer

Weiter geht es auf der Grande Sâone. Nachdem auch hier die Anleger nicht unbedingt tief sind Penicheund es gerade aus Kübeln schüttet, nehmen wir das Angebot eines Penichebesitzers, der uns freundlich herwinkt, gerne an und gehen längsseits.
Prompt schmeißt Alain den Griller an und er und Hélène tischen ordentlich auf. Seit 13 Jahren liegen sie an diesem Platz, in einem Monat muss das 40 m lange Schiff bewegt werden. Wir sind auch bewegt von soviel Gastfreundschaft.

Nach einem langen Abend, bei dem wir uns durch unsere und vor allem Alains Bootsbar gekostet haben, geht es am nächsten Morgen Richtung Lyon, wo uns Clemens und Nicole verlassen, um die Heimreise anzutreten. Sie sind länger geblieben, als sie eigentlich vorhatten - was wir als gutes Zeichesn werten, dass Serenity ein angenehmer Ort zu sein scheint. Danke und à bientôt!

Rhone und Saone bei Lyon
Zusammenfluss von Rhône und Saône bei Lyon
AKW Cruas
AKW Cruas

Weiter geht es zu zweit. Die Sâone mündet bei Lyon in die Rhône und das Wasser ist plötzlich grün-blau. Der Fluß wird breiter und die Schleusen größer. Ein paar Schleusen flussabwärts lernen wir uns einen bis dahin noch nicht bekannten Grund für das Aufsitzen mit dem Kiel kennen: Hochwasser, so zynisch es klingt. Nämlich das Hochwasser eines einmündenden Nebenflußes, der Isère, welcher wohl richtig viel Schlamm mitgebracht hat. Völlig unerwarteterweise sitzen wir mitten in der Hafeneinfahrt von Cruas, gelegen direkt bei dem idyllischen Atomkraftwerk gleichen Namens, fest. Beherzt, mittlerweile mit Routine und der Hilfe etlicher interessierter Zuschauer gelingt es uns, Serenity aus dem Schlamm und an den ersten Steg zu winschen. Nicht ohne das obligatorische Skipperbad, um die Leine den Helfern ans Land zu bringen. Der Hafenkapitän möchte gar nicht glauben, dass unsere 1,45 m zu tief für seine Hafeneinfahrt sind und lässt uns die Nacht gratis liegen - inklusive Skipperdusche. Wir sind nun unserem großen Ziel, einmal in jedem Gewässer der Erde auf Grund gelaufen zu sein, ein Schritt näher gekommen. Vielleicht sollten wir auf Luftkissenboot umsatteln.

Um 6 Uhr früh überfahren wir mit gewagtem Manöver die Sandbarre in der Hafeneinfahrt und machen uns auf den Weg zur höchsten Schleuse BolleneSchleuse Europas: die Bollène mit 22,5 m Hub! Wir schleusen heute immer mit demselbem Franzosen, der einhand sein kleines Segelboot ebenfalls mit gelegtem Mast Richtung Meer schippert. Sein immer wieder aussetzender Motor nimmt ihm nicht die Freude über die 7 - 8 Beaufort, die uns die Rhonewellen Richtung Meer reiten lassen. Schon erstaunlich, welche Welle sich bei genug Wind in einem Fluß aufbauen. Dem gut gelaunten Schleusenkollegen begegnen wir dann später im Salzwasser mit gestelltem Mast wieder.

ArlesWir übernachten in Arles unter einer Autobahnbrücke direkt im Stadtzentrum, festgemacht an 2 Ringen, gut gefendert an einer fiesen Spundwand. Beim Anlegen werHebebrückeden wir schon mit einem "Seavas" begrüßt. Liegt da doch nicht ein Stahlboot namens Rosinante mit Heimathafen Grieskirchen.

Am nächsten Tag und ein paar Atomkraftwerke und 3 Stunden Flußfahrt weiter, steht die letzte Schleusung an. Etwas verwirrt uns die letzte Schleuse, die Süß- und Salzwasser und uns von Port Saint Louis trennt. Verwirrt von der fehlenden Angabe des Hubs und vor der Warnung vor der möglichen starken Strömung in der Schleuse, bereiten wir lieber die langen Leinen vor - nur so zur Sicherheit. Als der Schleusenvorgang nach satten 3 cm schon zu Ende ist, aber dennoch eine gute Stunde dauerte, deutlich länger als die Bollène vom Vortag, packen wir verschämt die lange Leine wieder ein. Die Zugbrücke hebt sich und wir fahren ins Meer!

Nun geht's ans Eingemachte: Serenity soll wieder ein Segelboot werden. Mast rauf, Segel ran, los geht's. So geht's zumindest bei der Jolle. Aber hier Wanten, Stage, Furlex, Verkabelung, Antennen - alles größer, alles mehr. Erstaunlich schnell haben wir aber eine Werft zum Maststellen gefunden und uns sortiert. Vier Uhr nachmittags: der Mast steht! Bis spät in die Nacht und am nächsten Vormittag dauert es aber, Serenity fertig herzurichten. Segel anschlagen, Elektrik verkabeln, Wanten nachspannen, Sprayhood, Schoten, Fallen, Blöcke finden, zuordnen und montieren. Wie immer dauert alles länger als geplant.

Mast vorbereitenMast stellen

 

 

Mittwoch mittags beginnt endlich der Segelurlaub. Nach über 3 Wochen Flußfahrt ist die Weite zuerst ungewohnt, aber befreiend.

Segler vor Frachter im Golf de Fos

Hätte uns vor 1 Monat der Verkehr und die Betonnung im Golfe de Fos noch Nerven gekostet, steuern wir nun gemütlich zwischen gewaltigen Frachtschiffen mittendurch und bereiten das Segelsetzen vor.

Gutmütige 3 - 4 Beaufort Südwestwind treiben uns auf raumem Kurs an Marseille vorbei. Wir übernachten vor Anker in der Calanque de Martigou und glauben immer noch daran, in 3 Tagen in Italien zu sein.

TGV Brücken bei Avignon
La Tour de l'Hers
1. Schleuse auf der Rhône
Tour Philippe le Bel
Frachterbegegnung im Golfe de Fos
Wrack - Untiefe im Golfe de Fos
An der Saône in Lyon
Früher Morgen in Arles

Brenzlig

Die langen Abschnitte zwischen den Schleusen sind wir schon gar nicht mehr gewohnt. Die fast aufkommende Langeweile wird durch kleine Reparaturen überbrückt. Ein paar undichte Stellen haben wir schon ausgemacht. Zwei Fenster lecken ein bisschen. Bei der Befestigung des Babystags dringt bei starkem Regen tröpfchenweise Wasser ins Schiff. Der Babystagbolzen ist zuerst dran. Während wir noch so rumdichten, dringt ein uns bislang unbekannter Geruch in unsere Nase. Brenzlig ist er. Gleich wird nach dem Motor geschaut ... doch das Provisorium hält.

Bei einem neuen, unbekannten Boot dauert es eine Weile, bis einem alle Geräusche, Gerüche und Bewegungen vertraut werden und auch richtig zugeordnet werden können. Deshalb ist ein neu auftretender Geruch, speziell einer der brenzligen Art, gleich einmal beunruhigend. Man versucht erst einmal herauszufinden, ob er vom Innernen des Schiffs, oder doch von außen kommt. Grillt da wer? In unserem Falle erinnert der verdächtige Geruch doch leider sehr an verschmortes Plastik. Schmorendes Kabel.

 

Als wir endlich den Ursprung ausgemacht haben, waren wir doch froh, das Ganze nicht länger ignoriert zu haben. Der Fern-Gasschalter war mit einer Lusterklemme direkt an den Hauptleiter des 12V Strangs angeschlossen. Das, in Verbindung mit ein bisschen Korrosion, ließen das ganze unter Last etwas zu warm werden. Ein weiters Mal sind wir Clemens, dem Meister der Maschinen, dankbar, gleich wieder eine gute provisorische Lösung parat zu haben. Ein neuer Punkt ganz oben auf unserer ToDo Liste ist wohl, die Elektrik genauer anzuschauen. Das wird lustig.

Wir schwimmen also noch. Und das ist ja alles was zählt.

 

Die kleine Saône ist bereits zur großen geworden. Die Grossschifffahrt löst nach und nach die Hausbooturlauber ab. Die Schleusen werden wieder größer. Mehr als 150 haben wir hinter uns. Zwölf trennen uns noch vom Meer.

Handbreit

flussidylleDen Vogesenkanal und seine chronische Wasserknappheit haben wir nun hinter uns gelassen. Über 90 Schleusen und permanentes Knäppeln mit der Wassertiefe waren schon etwas anstrengend. Die Ankündigung, dass der Vogesenkanal bald überhaupt für die Schiffahrt gesperrt werden könnte, war auch kein so gutes Zeichen für unsere Talfahrt. Diese Anspannung konnte nur durch die gute französische Nervennahrung (Pain au Chocolat, Croissant, Tartelettes aux Fraises,...) kompensiert werden.

Nun schippern wir die Petit Saône weiter Richtung Süden. Wassertiefe ist nur mehr selten (bei kleinen Anlegern) ein Problem und die Landschaft ist weiterhin idyllisch. Um keine Langeweile aufkommen zu lassen, gibt es in größeren Abständen automatische Schleusen, lange Tunnelpassagen und etliche Hausbootfahrer, die uns entgegenschlingern. Manche von ihnen sind wohl betrunken, andere sind Kinder, wieder andere pflegen halt einen etwas exzentrischen Fahrstil. Etwas komisch ist es dann halt schon, dass man als Bootseigner einen Führerschein für die Binnenschifffahrt machen muss, während die Motorbootcharterer einfach ihren Autoführerschein herzeigen müssen. Kein Wunder, dass die Charterboote auch wie Bumpercars im Autodrom abgefendert und in Gummi eingehaust sind.

Weiter geht es also nach Süden. Wir sind guter Dinge, dass unsere Serenity bald in ihrer natürlichen Umgebung, dem Meer, zeigen kann, was in ihr steckt. Der Seglergruß "... und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel" hat für uns auf alle Fälle massiv an Bedeutung gewonnen.