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Schleuse, Schläuse, Schloise

Vogesenkanal Scheitelkanal
Auf der Scheitelhaltung des Vogesenkanals

Das Wetter ist gut, die Sonne scheint. Auf einer Bootsreise eigentlich ein Grund sich zu freuen. Dem Wasserstand täte etwas, nein, sehr viel Regen aber sehr gut. Eine Sache, für die wir nach mehreren Aufsitzern und Grundberührungen gerne etwas Komfort eintauschen würden. Bereits zwei mal mussten wir uns mithilfe langer Leinen und der Winschen vom Grund befreien. Einmal davon mitten im Fahrwasser. Nun kommt noch der lange Anstieg über die Schleusentreppe zum Scheitel des Vogonen-Kanals, wie er bei uns an Bord genannt wird. Nun möchte man meinen, dass man nach 2, 3 oder 10 Schleusen jeden Handgriff im Schlaf macht. Der Vogonen-Kanal sorgt aber dafuer, dass keine Langeweile aufkommt. Mal ist der Schleusevorgangbetätigungshebel am rechten, mal am linken Flussufer. Dann ist die Leiter, über welche die Schleusenwand erklommen wird, mal vorne rechts, dann hinten. Der Abstand zwischen den Pollern scheint auch nicht immer gleich zu bleiben. Ist gut so, sonst könnte sich ja noch Routine einstellen.
Immerhin ist auch die Landschaft nicht immer gleich. Es geht vorbei an alten Industrieanlagen, durch idyllische Wälder, über Brücken und durch enge Gassen. Und dann eine Schleuse nach der anderen.

Dann endlich Gipfelsieg! Wir haben es geschafft, der höchste Punkt unserer Reise ist erreicht 360m über dem Meeresspiegel. 100m den Vogesenkanal hinauf. Ab jetzt gehts abwärts.

Und das Wichtigste: Das Provisorium hält!

Non

Sooo. Clemens und Nicole sind Montag abends bei uns angekommen. Unser frischernannter Volvo Penta Spezialist Clemens muss gleich mal an die Maschine ran und vermutet, dass nur der O-Ring an der Einspritzdüse durch ist und nicht die Kupferhülse, die sie umgibt.  So oder so, die Düse muss raus.  Wenn sie die Hülse mitnimmt, ists ein Fall für die Werkstatt; wenn nicht, dann gibts Hoffnung. Nach einigem Hin- und Hergeruckle gibt die ziemlich fest sitzende Einspritzdüse nach. Die Hülse bleibt drin. Uff. Mit Aceton wird die Dose gereinigt, Teerablagerungen an der Stelle, wo der O-Ring war, werden mit dem Dremel weggeputzt. Alles mit einem Stück Küchenrolle in der Fassung, damit kein Kleinkram in den Zylinder fällt.  Die Idee ist, den O-Ring durch eine Schicht Knetmetall zu ersetzen. Gesagt, getan ... nach einiger Zeit ist die Düse wieder drinnen und alles wieder an seinem Platz. Um einen Test durchzuführen, ist es aber bereits zu spät. Man will ja seine Nachbarn nicht unnötig Nerven.

Am nächsten Morgen ist die Spannung groß. Startet der Motor? Fliegt uns alles um die Ohren? Erst mal die Krafstoffzufuhr entlüftet, dann  angestartet. Springt sofort an ... und ist dicht. Sensationelle Reparatur würden wir meinen. Dieses Provisorium bringt uns hoffentlich bis ans Mittelmeer, wo es ein etwas dichteres Netz an Volvo Penta Marinediesel Werkstätten gibt. Danke Clemens!

Weiter gehts also die kanalisierte Mosel entlang Richtung Vogesenkanal. Maron ist Endstation für diesen Tag. Das Provisorium hält.

Écluse 47 ist der Start in den Vogesenkanal. Wir bekommen die Fernbedienung ausgehändigt, mit der wir die automatischen Schleusen bedienen werden. Trotz Regen herrscht immer noch Niedrigwasser. Nach den ersten Schleusen zeigt das Echolot mitten in der Fahrrinne teilweise nur 1,5m an ... Wieder mal ziehen wir eine kurze Furche durch den Schlamm. Wie da die Finnen mit ihrer Oceanis 39 durchgekommen sind, welche wir vor ein paar Tagen in Schwebsange an der Mosel getroffen haben? Sicherlich kein Spaß. Kurz vor 6 Uhr abends die nächste Überraschung. 4 Schleusen vor unserem angepeilten Tagesziel Charmes weist uns ein muffeliger Schleusenwärter darauf hin, dass wir heute nirgends mehr hinfahren werden, da alle Schleusen - so automatisch sie auch sein mögen - um 18 Uhr den Betrieb einstellen. Ob es im Oberwasser seiner Schleuse eine Liegemöglichkeit gibt? - "Non." Ob wir wieder abschleusen können, um an den Pollern im Unterwasser festzumachen? - "Non." Ob wir in der Schleuse liegenbleiben dürfen? - "Non."

Da es keine Optionen zu geben scheint, fahren wir mal weiter zur nächsten Schleuse. Unser Revierführer behauptet ja, dass diese bis 19:00 betrieben werden. Durch enges und flaches Wasser geht es dahin, doch die nächste Schleuse will uns nicht mehr öffnen. Resigniert drehen wir um. Zum Glück kann Serenity über Backbord quasi auf einer Briefmarke wenden. An beiden Ufern ist das Wasser viel zu flach um eventuell an Bäumen festmachen zu können. Ideen werden gesponnen, wie man in der Mitte der Fahrrinne mit Anker und Leinen sich an Bäumen abspannen könnte. Glücklicherweise können wir entgegen der Aussage des vermeintlichen Schleusenwärters doch wieder abschleusen. Wir machen im Unterwasser an zwei weit auseinanderliegenden Pollern fest. Der Kiel setzt sich in den Schlamm, doch wir sind froh wenigstens irgendwo festgemacht zu haben. Der morgige Frühsport wird sein, Serenity wieder aus dem Schlamm zu ziehen.

Aber immerhin: Das Provisorium hält.

Von Schrauben und Dichtungen

Macht doch mal Pause, dachte sich der Motor und begann etwas Öl zu verlieren und den Innenraum zu verqualmen. In Pont-à-Mousson, einer ehemaligen Universitäts-, nun nur noch Schwerindustriestadt mit hübschem Stadtplatz, einem ehemaligen Prämonstratenserkloster und einer schönen gotischen Kirche, legen wir an, um das Problem zu begutachten. Etwas Öl trat anscheinenend immer schon unter dem Ventildeckel aus. Natürlicher Korrosionsschutz sozusagen. Eine Ersatzdichtung war glücklicherweise noch an Bord. Deckel runter, Dichtung raus, Dichtung rein, Deckel drauf. Stolz betrachten wir Vollblutlaien unser Werk.

 

Einspritzdüse undicht
Hier leckts.
Flugs den Motor wieder gestartet ... hmmm qualmt noch immer. Hinten raus blau (eher normal für einen Diesel dieses Alters) und drinnen stinkts nach Auspuffgasen. Nicht so toll. Wir fühlen den Motor und die Peripherie nach dem Leck ab und finden es in der Nähe der Einspritzdüse des mittleren Zylinders. Teerige Ablagerungen gibts dort auch. Wir putzen die Stelle und bestätigen unsere Befürchtung mit einem Leckspray. Die Einspritzdüse sitzt nicht mehr dicht in ihrem Bett. Laut Internetrecherche ein gröberes bis sehr grobes Problem.

 

Tja, es ist Samstag Abend. Mechaniker gibts wohl frühestens am Montag. Da wollten wir eigentlich zwei Freunde in Neuve Maison an Bord nehmen. Jetzt werden sie hierher umgelenkt und müssen noch etwas Werkzeug mitschleppen. Die Tatsache, dass ein Maschinenbauer dabei ist, nährt unsere Hoffnung auf eine baldige Weiterfahrt.

Vom Regen in die Traufe

Der Tag beginnt mit richtig schlechtem Wetter. Immer wieder Regenschauer und Wind aus SW mit 5-7 Beaufort, sehr böig.Canal des Mines et Fer
Unser nautischer Führer beschreibt die vor uns liegende Strecke, den 5 km langen "Canal des Mines e Fer de la Moselle" als "Es ist ziemlich öde, aber wenigstens ohne Strömung. Man versäumt nichts, wenn man zügig hindurchfährt." Andy hingegen ist komplett begeistert von den Industriebauten am linken und rechten Kanalufer. Ich bin weniger begeistert, wenn nämlich wieder mal eine Böe einen Kohleschleier über Serenity und uns legt.Canal des Mines et Fer

Unseren Nachtliegeplatz finden wir im Hafen von Pont-à-Mousson. Weil wir nicht jeden Abend unsere dekadente 5-Sterne-Bordküche genießen wollen, gehen wir in ein uns empfohlenes "Fleischlokal". Die Karte klingt interessant und Andy entscheidet sich für die "Véritable Andouilette de Troyes", weil der Name der Speise so grandios sei.

Der Gesichtsausdruck beim Aufschneiden und Riechen der "Wurst" erinnert an die Grundberührung am ersten Tag - aber nicht nur er, sondern auch seine Umgebung dürfen an dem wohlriechenden Mahl teilhaben. Äußerst tapfer wird die Hälfte vertilgt. Dann helfen nur noch eine Crème Brûlée und ein Whiskey. Erst im nachhinein recherchieren wir die Zutaten und lesen die Geschmackserlebnisse anderer Wagemutiger.

Zwischen den Grenzen

Die letzten beiden Tage mussten wir immer wieder zusammen mit der Berufsschiffahrt schleusen. Schon beeindruckend, wenn so ein 110 m langer Frachter sich vor einem in die Schleuse schiebt, kaum schmaler als die Schleuse selbst. Genauso beeindruckend sein Schraubenwasser, wenn er mal kurz aufstoppt oder wieder Gas gibt. Wir versuchen also immer Respektsabstand zu halten.

frachter
Frachter Avila - unser treuer Begleiter in 2 Schleusen

Zwischen den Schleusenzeiten genießen wir die Landschaft an der Mosel, die dahinmäandert. Die Mosel ist nun Grenzfluss zwischen Deutschland und Luxemburg und wir pendeln zwischen den beiden Ländern hin und her.

 

Warten und Schippern: von Senheim bis Bernkastel

Serenity im Yachthafen des Campingplatz Bernkastel
Serenity im Yachthafen des Campingplatz Bernkastel

Heute waren wir von 10 Uhr morgens bis fast 9 Uhr abends unterwegs. Davon haben wir mehrere Stunden wartend im Unterwasser von Schleusen verbracht - der Rekord waren geschlagene 3 Stunden warten bis die Schleusung möglich war....

Dafür liegen wir jetzt an einem sehr gemütlichen Steg, der zu einem Campingplatz gehört, und sich in einem kurzen Seitenarm der Mosel befindet.

 

Schleuse für Schleuse

Ab jetzt gehts nur noch Richtung Süden. Es trennen uns ca. 1200 km und 157 Schleusen vom Mittelmeer - allerdings die erste Woche nur in Bergfahrt. Die ersten 4 Schleusen haben wir heute in Angriff genommen.
Leider ist unser Boot mit 3,30 Breite gerade zu breit für die Sportbootschleuse und daher müssen wir immer die großen Schleusen für die Berufsschiffe nehmen.
Zum Leidwesen der Schleusenwärter. Die anderen wären Automatikschleusen....
Schleuse Koblenz, Schleuse Lehmen, Schleuse Müden und zum Abendausklang Schleuse Fankel. Jeweils ca. 6,5-8,5 m Hub. Bei der "kurzen" 80 m Schleuse in Koblenz bekommen wir ganz schön das einlaufende Wasser zu spüren und sind froh um jeden Fender.
Zusätzlich halten wir uns mit dem Bootshaken von der Betonwand ab, damit der gelegte Mast, der ja einiges über das Boot hinausragt, nicht gegen die Wand knallt.
So sind wir den ganzen Tag beschäftigt....

Schleuse KoblenzSchleuse MüdenSchleuse MüdenMoselMosel

Tonne für Tonne

Die drei Schleusen den Neckar runter waren bald passiert. Wir sind früh genug gestartet, um nicht in die Sperre für die Schwimmer des Triathlons zu kommen, der an diesem Tag flussabwärts von Heidelberg stattfand. Gemächlich ging es dahin, hie und da ein Sportboot, Kies- oder Kohlefrachter. Bis zum Rhein. Kaum aus dem Neckar ausgefahren, fanden wir uns inmitten der Berufsschifffahrtneckarmuendung industrie, umgeben von gewaltigen Industrieanlagen. Die Strömung war trotz niedrigem Pegel gleich spürbar stärker und wir rasten mit wahnsinniger Geschwindigkeit den Rhein hinunter. Also mit ca. 14 km/h.

Das Manövrieren im Fahrwasser zwischen den roten und grünen Tonnen und der noch schnelleren Grossschifffahrt war bald gemeistert. Bald ändert sich die Landschaft, die Industrie muckt noch einmal mit einem Atommeiler auf, dann überwiegt das Grüne. Fischer-, Planscher-, Schwimmer- und CamperInnen geniessen den Sommertag am für uns überraschend schönen Rheinufer. Für die erste Nacht am Rhein haben wir uns einen Ankerplatz ausgesucht, dessen schmale Einfahrt laut aktuellem Pegel mit 2,8m gut Platz für unser Kielboot anpries. Die Überraschung über die unerwartete GrundberührungEinfahrt Ludwigaue am Rhein war dem Rudergänger wohl deutlich anzusehen. Auf Zuruf der erfahrenen Voreigner wurde die versandete Einfahrt mit einem kräftigen Schub überwunden und dem wohlverdienten Griller am ruhigen und sicheren Liegeplatz stand nichts mehr im Wege.

Am nächsten Morgen, diesmal weniger erschrocken, kurz über die Barre gepflügt und wieder raus auf den Rhein. Ein spannender Abschnitt wartete auf uns. Die ersten Weinberge und Hügel kündigten schon die "Gebirgsstrecke" an. ZwischFrachter vor Burg am Rheinen Bingen und St. Goar, Loreley inklusive, liegt der mythenumwobene Friedhof der Rheinschifffahrt. Oder so ähnlich. Schon wieder etwas bleich um die Nase erwartete der Rudergänger das Schlimmste. Es scheint jedoch bei Niedrigwasser geizt die Loreley mit ihren Reizen. Gut für uns, schön wars auf jeden Fall. Morgen geht es weiter die Mosel flussaufwärts. Endlich Richtung Süden.

Auf zur ersten Etappe

Morgen werden wir unsere ersten Flusskilometer hinter uns bringen, die ersten Schleusen gleich dazu. Von Ziegelhausen bei Heidelberg werden wir gemeinsam mit den lieben Voreignern unserer Serenity losschippern. Wasser und Essen sind gebunkert, der Motor (Volvo Penta 2003, Bj. 88) schnurrt wie ein Kätzchen ... najaScreenshot Fugawi ein sehr großes. Die Flüsse führen nicht allzuviel Wasser, aber mit unseren 1,4m Tiefgang ist das zumindest auf Neckar, Rhein und Mosel sowieso kein Problem.

Unser Boot am Liegeplatz

Letzte Vorbereitungen

andy schaut wichtig hinter den motorEine Woche vor Start sind wir wieder in Heidelberg, vervollständigen die Ausrüstung und bunkern schon mal alles mögliche. Nächsten Samstag geht es früh los zur ersten Etappe vom Neckar auf den Rhein. Vier Wochen lang werden wir auf unserer tapferen Serenity Richtung Italien schippern.

Bald geht's los

... vom Neckar ans Mittelmeer.